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Ab in den DDR-Knast!

U-Haft Weimar  -  HAL Rüdersdorf  -  Berlin/JVA Rummelsburg

Auszug aus dem Abschlussbericht der BdVP Erfurt:

... "wird beschuldigt, 

am 17.02.1966 den Versuch unternommen zu haben, im Raum Eisenach ungesetzlich die DDR nach der Westzone zu verlassen. Seinem Vorhaben konnte, durch die rechtzeitige Festnahme, ein Ende gesetzt werden."

Vergehen nach § 8 Abs. 1 und 3 Paßgesetz,      § 6 1b der VO zum Schutze der Staatsgrenze

                            §§ 43, 73 StGB" ...    

 

Kay E. "Chaos" F., Keyboarder bei den Blackmal-Berlin.

Er war mein Knastbruder in Rummelsburg- Berlin.

Warum Republikflucht? Wie so oft liegen die Gründe vielfältig. Es ging gerade meine erste Ehe unwiderruflich kaputt. An meinem Arbeitsplatz gab es Vorfälle, die ich nicht mittragen konnte. Ich war z. B. Zeuge einer Hatz auf einen Homosexuellen, der vor der Vollversammlung aller Studierenden ekelerregend an den Pranger gestellt wurde. Dazu erschien ein Herr von der Kripo, der auch zufällig der Cousin meiner (Noch-)Frau war und trat das Unerhörte so richtig breit. Ferner verlangte man von mir ehemaligem Offizier der NVA zum Tag der Armee einen Bekenntnisauftritt, den ich nach den Querelen um meine Entlassung von der Truppe nicht liefern wollte. Die Annahme eines Geschenks aus dem Westen, einen alten VW-Käfer, ein angedachtes Geschenk meiner Mutter und meines Stiefvaters, wurde mir verweigert. Eine Hälfte meiner Familie (Vater, Mutter, eine Schwester), geschweige denn meiner Sippe mit Cousins und Cousinen, lebte in Hamburg und anderswo im Westen. Wie war es also mit meiner politischen Gesinnung bestellt? Das sah ich nicht so eng. Den Sozialismus, wenn er sich antifaschistisch, basisdemokratisch, sozial gerecht, friedliebend und tolerant gegenüber Andersdenkenden gebärdet (Rosa Luxemburg: "Freiheit ist immer nur Freiheit der Andersdenkenden"), damals auch noch mein Wunschziel, kann man, wenn man will, auch zusammen mit den DKP-Genossen im Westen aufbauen helfen, deshalb muss man nicht in der DDR bleiben. Es ist mir trotzdem der Entschluss nicht leicht gefallen, meinen Sohn, meine Schulklasse, meine Freunde, meine Angehörigen zurück zu lassen. Nachdem ich in jüngerer Zeit allerdings über die DDR-Jugendwerkhöfe im Internet recherchiert habe, bin ich froh, nicht Teil jenes Systems geblieben zu sein. Hier gehe ich noch einmal auf dieses Thema ein.

Das Urteil durch das Gericht in Weimar, bei dem mein damaliger Institutsdirektor Dr. Paul Saupe und sein Stellvertreter als "Gesellschaftliche Ankläger" auftraten und meine Bestrafung forderten, lautete auf 15 Monate Haftarbeitslager und 5 Jahre Berufsverbot. Von den 15 Monaten saß ich ca. 3 Monate in Untersuchungshaft in Weimar und wurde dann nach Rüdersdorf bei Berlin in ein Haftarbeitslager einer Zementfabrik verlegt. Wir arbeiteten 8 Stunden am Tag im Steinmehl- und Zementstaub und mussten uns um unsere Gesundheit sorgen. Atemschutzmasken gab es nicht. Die Fabrik befand sich in einem verheerenden Zustand. Filter für die Schlote gab es ebenfalls nicht. Der Zementstaub entstieg ungefiltert den Essen. Da er relativ schwer war, fiel er kaum verweht auf die Fabrikanlage. Vermischt mit Regenwasser eine tonnenschwere Last. Wenige Tage nach meiner Verlegung nach Rummelsburg brach ein solches Dach zusammen und begrub einige Häftlinge, die ich kannte, unter sich. Es gab Tote und Verletzte, schilderte K. F.. 

Anders die Situation im Lager außerhalb der Fabrik in einem Barackengetto selbst. Bei hinreichender Verpflegung, ausreichenden, selbstorganisierten Bewegungsmöglichkeiten und Aktivitäten wie Bodybuilding und Musizieren verging die Zeit schnell und es war Sommer. Die Quartiere waren offen und wir genossen uns mit Anderen gleichen Schicksals und gleicher Gesinnung austauschen zu können. Mit Kay F., einem Knastbruder von damals, heute Bandmitglied von Blackmail, verbindet mich jetzt noch das Gefühl enger Kameradschaft. Die Hälfte seiner früheren Band wollte 1966 von Apolda aus in einem Versteck in einem Interzonenzug in den Westen fliehen, um sich dort musikalisch freier entfalten zu können. Wir lernten uns während der Untersuchungshaft in Weimar kennen, durchlebten ein paar Monate zusammen im Arbeitslager und treffen uns auch noch nach vielen Jahren immer mal wieder.

Lesenswert: 

http://www.17juni53.de/

karte/halle/kluge.html

Hubertus Knabe (Hg.):

  http://www.flucht-und-ausreise.de/

Die vergessenen Opfer der Mauer

ISBN: 978-3-548-60883-9

Natürlich hatte die Stasi das Knastleben beobachtet. Unserem Klüngel muss ein Kuckucksei ins Nest gelegt worden sein, denn eines Tages wurde ich von Rüdersdorf weg nach Berlin in die Vollzugsanstalt Rummelsburg verlegt. Wahrscheinlich hatte ich zu viele Ideen, wie man einen erneuten Versuch der Republikflucht unternehmen könnte. Im Knast Berlin - Rummelsburg hieß es für mich Relais löten für das EAW-Treptow, auch kein besserer Job als Tüten kleben. 

Man traf schon auf seltsame Gesellen. Mit einem bin ich die restliche Knastzeit in regem Austausch gewesen. Er war zuvor als Violinist Konzertmeister im Schweriner Symphonie-Orchester, ehemals aus Castrop-Rauxel stammend. Man musste ihm wohl Bigamie vorwerfen und er hatte auch noch andere "Straftaten" im Sinne der DDR-Gesetzgebung begangen. Er war aber ein Schöngeist und wir nutzten die Zeit um über Literatur, Musik und Poesie zu reden und von besseren Zeiten im Westen zu träumen. Dort traf ich ihn, der schwer nierengeschädigt war, in einem Heidelberger Krankenhaus später noch einmal wieder.

Es saßen Zeugen Jehovas ein, die aus Überzeugung den Wehrdienst verweigert hatten. Gute Jungs also, auch wenn ich deren Glaubensrichtung und Lebensgestaltung nicht teilen könnte. Aber auch sozialer und moralischer  Abschaum, wie Kinderschänder z.B., Schläger und Betrüger waren versammelt. Man konnte leider nicht allen aus dem Weg gehen.              

Offiziell gab es in der DDR keine politischen Gefangenen. Dass man die DDR evtl. aus politischer Überzeugung oder Gegnerschaft verlassen wollte, wurde nie als Grund für eine Bestrafung bzw. Inhaftierung zugegeben. Man wurde kriminalisiert, indem einem Passvergehen und andere Verstöße zur Last gelegt wurden. Ist man ein Krimineller, kann man auch mit anderen Kriminellen in einer Zelle hausen. Es gab keine politischen Häftlinge? Die Tatsachen sprechen eine andere Sprache

Siehe auch http://www.sehepunkte.de/2006/06/pdf/10319.pdf

http://www.stiftung-hsh.de/downloads/ 

Mit Wolfgang Grünvogel (hier am Bodensee) bin ich die letzten Stunden in Rummelsburg und in der Magdalenenstr.  zusammen gewesen. Ca. 2 Jahre später trafen wir uns einmal wieder. Seither ist er aus meinem Leben verschwunden.

Diese hässlichen Gemäuer der Strafvollzugsanstalt Rummelsburg in Berlin-Lichtenberg, 1966/67 für ca. 1/2 Jahr mein "Zuhause", werde ich wohl nicht mehr vergessen.

Foto Copyright: frank.ebert@havemann-gesellschaft.de

Wenn man mich heute fragen würde, ob ich persönlich im DDR-Knast schlecht behandelt worden wäre, müsste ich das verneinen. Dabei ist mir bewusst, dass es auf den Maßstab ankommt, den man anlegt. Klar hörte ich von Einzel- und Dunkelhaft, erlebte selbst die Folgen von Schlafentzug um gefügig gemacht zu werden, sah ungerechte Bestrafungen und Schikanen. Sie betrafen selten mich. Aber man war eben ausgeliefert und durfte sich als Verlierer wahrnehmen. Bespitzelungen, Erniedrigungen, Unehrlichkeit waren an der Tagesordnung. Sein "Geschäft" musste man vor allen anwesenden Personen auf einem Kübel in der Zelle verrichten, in der gleichen Zelle, in der man auch seine Mahlzeit einnahm (U-Haft Weimar), Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen gab es nicht. In Rummelsburg gab es zu wenig Möglichkeiten sich zu bewegen. Ich handelte mir eine Thrombophlebitis vom Sitzzwang am Arbeitsplatz ein, musste ins Krankenhaus, um einer Thrombose zu entgehen. 

Es gab "Schließer" mit Herz, die sehr wohl Unterschiede machten, je nachdem, wen sie vor sich hatten. "Fingerling" (wegen einer Verkrüppelung an einer Hand so genannt) steht in meiner Erinnerung für den pflichtbewussten aber menschlichen Vollzugsbeamten. 

Empfehlenswert: Hüge, Bernd-Dieter
MEIN KNASTBUCH. Ein Bericht.
Berlin, Aufbau 1991. ERSTAUSGABE.

Die Freikaufaktion

Um den 10. Monat meiner Inhaftierung wurde mir von der Gefängnisleitung mehrmals die Frage gestellt, was ich machen wolle, wenn ich wieder entlassen werde. Meine Antwort war stereotyp, man solle eine Resozialisierung bei mir erst gar nicht versuchen. Ich würde baldigst den nächsten Versuch unternehmen, in den Westen zu kommen. Diese Aussage hat mir wohl letztlich sehr geholfen. Meine Schwester  deutete später bei einem Besuch im Knast an, dass unsere in Hamburg lebende Schwester etwas unternommen habe, dass ich wohl bald frei kommen würde. Es war April 1967 geworden, als ich den Befehl erhielt, mich für den Transport fertig zu machen. Dann wurde ich in den Bau überführt, von dem aus allgemein die Entlassungen stattfanden. Dort traf ich mit einem Schwaben aus Saulgau zusammen, der sich seinerzeit durch eine Flucht in den Osten einer Verhaftung im Westen wegen irgendwelcher Gaunereien entzogen hatte. Wir wurden gemeinsam in das Stasi-Gefängnis  nach Lichtenberg gebracht, wo es bekanntlich in der Magdalenenstraße ein Untersuchungsgefängnis der Stasi gab. Siehe auch:  Inhaftiert - Kulturring in Berlin e.V.  

Hier fand die letzte Befragung statt, ob es denn bei unserer Absicht bliebe, in den Westen gehen zu wollen. Als wir das bejahten, wurden uns Entlassungspapiere aus der Staatsbürgerschaft überreicht und uns unsere Habseligkeiten ausgehändigt. Mit dem wenigen angesparten Geld, was wir uns im DDR-Knast "verdient" hatten, durften wir sogar alleine im nächstgelegenen Kaufhaus einkaufen und uns auch ein paar Bierchen mitbringen. Am nächsten Tag erschien Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Vogel, der damalige DDR - Unterhändler für den Gefangenenfreikauf. Er brachte uns mit seinem hellblauen Mercedes, den er selbst steuerte, vorbei am Innenministerium über die Brücke Bornholmer Str., ohne anhalten zu müssen nach West-Berlin Kurfürstendamm, der Residenz des Unterhändlers der Westseite,  Rechtsanwalt Jürgen Stange. Vogel gab uns noch mit auf den Weg, wir möchten wenigstens ein Jahr lang alle öffentlichkeitswirksamen Kontakte und Auftritte vermeiden, damit möglichst noch viele ehemalige Gefangene diesen Weg gehen könnten. Das Thema Gefangenenfreikauf sei für die Öffentlichkeit zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch tabu.

Bei Stange ging es locker zu. Vogel und er waren Duz-Kollegen und wir kamen uns vor wie in einem Affenkäfig. Es fehlten nur noch die Bananen. Händeschütteln durch Senatsvertreter und Mitarbeiter. Wir waren wohl etwas Neues in der Kanzlei. Wenn man gewollt hätte, könne man sich eine neue Identität zulegen, meinte ein Senatsvertreter. Wir wurden mit Flugtickets ausgestattet, um damit nach Westdeutschland ausfliegen zu können. Die Stunden bis zum Flug nutzten wir dazu durch die Geschäftsstraßen zu schlendern und uns Appetit auf bessere Zeiten zu holen.

Mein "Kollege" aus Saulgau wurde dann auf dem Flugplatz nach Grenzübergang gleich wieder einkassiert. Sein Konto im Westen war wohl noch nicht ausgeglichen. Der Flug brachte mich nach Hamburg, wo ich von meinen Angehörigen sehnlichst erwartet wurde. Meine Schwester, Ärztin, veranlasste erst einmal einen Aufenthalt in "ihrer" Klinik, wo man mich ordentlich durchcheckte und zu dem Ergebnis kam, dass ich zwar etwas herunter gekommen, aber sonst bei befriedigender Gesundheit wäre. Die nächsten Tage und Wochen verbrachte ich bei Aufbautraining und geistiger Verarbeitung der gerade durchstandenen Ereignisse.

DDR-Anwalt Dr. Wolfgang Voge

rbb-online.de/ard/doku/20040830/chronologie.html

http://de.wikipedia.org/wiki/

Wolfgang_Vogel_(Rechtsanwalt)

In Hamburg erfuhr ich dann, dass an meinem Freikauf auch eine Hamburger Gruppierung um die Reedersfrau Dora Fritzen beteiligt war. Axel Springer hatte zunächst angefangen mit eigenem Geld den Freikauf Gefangener zu finanzieren und sich später Verbündete gesucht. Frau Fritzen und ihre Helfer haben Geld beschafft und die Namen derjenigen festgelegt, die von dem Freikauf begünstigt werden sollten. Herbert Wehner, damals Minister für Gesamtdeutsches, als Vertreter der Bundesregierung, war ebenfalls involviert. Letzterer habe den freizukaufenden Personenkreis absegnen müssen, wurde erzählt.

In Memoriam Dora Fritzen...

So lautet die Ausstellung im Museum für Kommunikation Hamburg. Die Ausstellung  kann folgendes darstellen:

Laut MfS: „Ungesetzliche Verbindungsaufnahme“ von Hamburg-Altona aus mit ostdeutschen Bürgern.

1951 beginnt die Hamburger Reedersfrau Dora Fritzen nämlich, Hilfspakete in die DDR zu schicken. Sie findet schnell ehrenamtliche Mitstreiterinnen, die sich im Verein „Hilfswerk der Helfenden Hände Hamburg e.V.“ zusammenschließen. Unterstützt durch staatliche Zuwendungen und Spendengelder packen sie in 35 Jahren über 1,2 Mio. Pakete mit Nahrungs- und Genussmitteln, aber auch Kleidung. Von Privatanschriften und Deckadressen aus schicken sie die Pakete an politisch Inhaftierte und deren Verwandte, später auch an Personen mit abgelehnten Ausreiseanträgen. Das MfS stuft das Hilfswerk als antikommunistische „Feindorganisation“ ein und entwickelt einen „Operativplan“ zur Unterbindung des organisierten Paketversands. Durch Adressenfahndung und Schriftvergleiche, Röntgen- und Inhaltskontrollen findet die Staatssicherheit nahezu alle Sendungen heraus. „Inoffizielle Mitarbeiter“ (IM) liefern Informationen über den Verein. Pakete werden eingezogen, Mitarbeiterinnen des Vereins verunsichert und die Empfänger unter Hinweis auf § 219 StGB der DDR über „Ungesetzliche Verbindungsaufnahme“ unter Druck gesetzt: Würden sie die Annahme nicht verweigern, hätte dies erhebliche strafrechtliche Konsequenzen. 1985 hat der Verein nach Erkenntnissen des MfS wegen ausbleibender Unterstützung und aufgrund des Gesundheitszustandes der Gründerin seine Arbeit eingestellt. 17.000 Aktenseiten hatten die Ermittlungen unter dem Decknamen „Schlange“ ergeben.

Am 21.08.2008 verstarb Dr. Wolfgang Vogel in Schliersee.

Rosemarie (Mephisto, Romy) A., heute G.,

R. war Schülerin meiner Klasse am IFL II Weimar, meiner letzten Arbeitsstelle im Osten. Wir waren jung und wir empfanden Sympathie für einander ohne die Grenzen eines Lehrer-Schülerverhältnisses zu überschreiten. Zwei Jahre nach meinem Übersiedeln in den Westen trafen wir uns in Ostberlin noch einmal wieder und mussten danach feststellen, dass die Flamme verloschen war. Aus neueren Schilderungen weiß ich, dass es im Institut, meinem ehemaligen Arbeitsplatz nach meinem Weggang Bemühungen gab, mich in meiner Person nachträglich zu verunglimpfen. Man wollte mich von dem Sockel holen, auf den man mich früher gestellt hatte. Auch meine Stasi-Unterlagen beweisen das. Romy hat in dieser Zeit fest zu mir gestanden. Das hätte sie beinahe ihren Ausbildungsplatz gekostet, hätte es nicht  Frau A. und Andere als schützende weibliche Hände im Lehrerkollegium gegeben. Letztes Jahr (2007) bemühten wir uns um einen Neuanfang. Solche Persönlichkeiten haben Seltenheitswert und sind mir wichtig.

Wie sich inzwischen herausstellte, ist ihr Interesse leider dem Schweigen gewichen. Machs gut, Mephisto! 

Heute, am 12.04.2009 füge ich hinzu, dass R. längere Zeit zu einem humanitären Einsatz im Ausland war. Zu meiner Freude hat sie sich wieder gemeldet. Hoffentlich klappt es in absehbarer Zeit einmal mit einem Treffen.

Heinz Florian Oertel

Anekdote:

Es war wohl das Jahr 1969. Während der kurzen Begegnung mit R. in Ostberlin wollten wir ein Restaurant aufsuchen und fanden eines in der Nähe des Spreeufers. Es hatte geöffnet, als wir es betraten. Es trat dann sofort einer der Kellner an uns heran und sprach etwas von geschlossener Gesellschaft. Die Gasträume, so konnte man sehen, waren durchaus nicht beide belegt. Der Blick in den angrenzenden Raum bei offener Tür verriet allerdings, dass dort Heinz Florian Oertel (in der DDR bekanntester Sportjournalist) mit etwa weiteren 6 - 8 Personen saß, in angeregter, fröhlicher Plauderei vertieft. Es entstand der Eindruck, dass Oertel, übrigens ein Berufskollege von mir, zu den Nutznießern des Systems gehörte, die Privilegien besaßen, von denen ein sogen. Normalbürger der DDR nur träumen konnte. Ich will hier keine Wertung vornehmen. Aus meiner heutigen Sicht standen VIP's wie er, die jetzt wieder in Rang und Ansehen stehen, damals auf der Seite der Nutznießer des DDR-Regimes, so auch Kati Witt, et Al.. Die Geschichte wird über sie ein Urteil fällen. 

gemäß der Verordnung vom 24. 8. 61

 Grundlagen der Kriminalitätstheorie des Sozialismus

Kriminalität  in der DDR 

Zitat: 

Bevor das StGB der DDR genauer betrachtet werden kann, ist es unausweichlich zu hinterfragen, auf welchem kriminalitätstheoretischen Ansatz das Strafrecht der DDR basierte. Demzufolge wird im Folgenden dargestellt, nach welchem Verständnis des Sozialismus Kriminalität entsteht und logischerweise bekämpft werden kann. Nach marxistisch-leninistischem Verständnis war Kriminalität eine historische und gesellschaftliche Erscheinung, dessen soziale Ursachen in der kapitalistischen Ausbeutung des Menschen durch den Menschen zu suchen seien. Folglich würde eine Abschaffung des Privateigentums und mit ihr die Aufhebung antagonistischer Klassengegensätze im Sozialismus dazu führen, dass die Kriminalitätsrate auf ein Minimum sinken wird.

Josepha Helmecke  

Fachbereich: Politik - Pol. Systeme - Historisches        

Seminararbeit

Dazu die Uni Trier

Dem war aber wohl nicht so. In Rummelsburg gab es gut gefüllte Häuser mit Verurteilten, die wegen Diebstahls, Mord und Totschlag, Vergewaltigung etc. einsaßen. Man konnte sich im DDR-Straßenbild im Unterschied zu diesem in der BRD stets wundern, dass sich keine zerlumpten und bettelnden Clochards herumtrieben. Nach meiner Knasterfahrung wunderte ich mich nicht mehr. Man traf sie nämlich dort bzw. in den Jugendwerkhöfen. Drücken wir es einmal positiv aus, sozialistisch an die Hand genommen durften sie in Jugendwerkhöfen, Arbeitslagern und in Gefängniswerkstätten arbeiten, gegen Unterkunft und Verpflegung. Die sogen. AEer waren nicht verurteilt sondern in "Obhut" des Staates genommen worden, zum eigenen Schutz und Vorteil. Wurden damit nicht gleich mehrere Probleme gelöst?

Thema: Arbeitserziehung in der DDR

Sven Korzilius: "Asoziale" und "Parasiten" im Recht der SBZ/DDR. Randgruppen im Sozialismus zwischen Repression und Ausgrenzung (= Arbeiten zur Geschichte des Rechts der DDR; Bd. 4), Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2005, IX + 744 S., ISBN 978-3-412-06604-8, 

"Asoziale" und "Parasiten" in der DDR, die im SED-Staat systematisch "Repression und Ausgrenzung" erfuhren. Wenn Korzilius für die Beschreibung dieser "Randgruppen im Sozialismus" zwei Begriffe nebeneinander stellt, ist damit nicht nur die Uneindeutigkeit im Umgang von Staat und Mehrheitsgesellschaft mit solchen Randgruppen angedeutet, sondern auch eine doppelte  Pfadabhängigkeit der DDR: Einerseits zur älteren deutschen Ausgrenzungstradition, die im verbrecherischen Umgang der NS-Diktatur mit "Asozialen" gipfelte, andererseits zum sowjetischen Vorbild der Bekämpfung von "Parasiten". Was hier als Synergie totalitärer Repression ins Auge fällt, verweist auf eine breitere Kontinuität der Ausgrenzung bzw. Maßregelung in industriellen Arbeitsgesellschaften. Darum ist der vereinzelte Blick auf die Entwicklung in Westdeutschland nicht nur eine deutsch-deutsche Pflichtübung, sondern die notwendige Einbeziehung einer nicht-totalitären Arbeitsgesellschaft in eine freilich sehr locker gefügte Vergleichsperspektive ...

 

 

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